16.07.2020
Der Erbe kann Verluste des Erblassers, die aus einem Nicht-EU-Staat stammen und die für den Erblasser gesondert festgestellt worden sind, nicht nutzen, da diese festgestellten Verluste mit dem Tod des Erblassers untergehen. Damit werden diese Verluste genauso steuerlich behandelt wie der allgemeine Verlustvortrag des Erblassers, der ebenfalls nicht auf den Erben übergeht.
Hintergrund: Ausländische Verluste aus einem sog. Drittstaat, d.h. aus einem Staat außerhalb der EU, können nur mit entsprechenden Gewinnen aus dem Drittstaat verrechnet werden, nicht aber mit positiven Einkünften aus der EU bzw. Deutschland, z.B. einem inländischen Gewinn. Ein ausländischer Verlust aus einem Drittstaat wird durch einen Bescheid gesondert festgestellt.
Sachverhalt: Der Kläger war Erbe seines am 20.8.2012 verstorbenen Vaters. Der Vater hatte Verluste aus der Vermietung eines Hauses in der Schweiz erzielt, die zum 31.12.2011 in Höhe von ca. 250.000 € festgestellt worden waren. Der Vater erzielte im Jahr 2012 bis zu seinem Tod noch einen Überschuss aus der Vermietung von etwa 50.000 €. Der Kläger erwirtschaftete aus dem Haus in der Schweiz in den Streitjahren 2012 bis 2014 ebenfalls Überschüsse und wollte diese Überschüsse mit dem gesondert festgestellten Verlust verrechnen. Dies lehnte das Finanzamt ab.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
- Der ausländische Verlust des Vaters betrug nur noch 200.000 €, da der zum 31.12.2011 festgestellte ausländische Verlust von 250.000 € noch um den Vermietungsüberschuss des Vaters aus dem Zeitraum 1.1.2012 bis 20.8.2012, dem Todestag des Vaters, zu mindern war. Dieser Verlustsaldo von 200.000 € steht dem Kläger als Erben nicht mehr zur Verrechnung zur Verfügung, da der vom Erblasser nicht genutzte Verlust nicht auf den Erben übergeht.
- Zwar war der Kläger als Erbe Gesamtrechtsnachfolger seines Vaters und trat damit in dessen Rechtsposition ein. Festgestellte Verlustvorträge sind aber nicht vererbbar. Denn die Möglichkeit, einen Verlust in einem Folgejahr im Wege eines Vortrags zu nutzen, trägt der geminderten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung.
- Der Erbe ist in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aber nicht gemindert, sondern nur der Erblasser, der die Verluste erlitten hat. Würde man bei ausländischen Verlusten aus Drittstaaten die Nutzung durch den Erben zulassen, wäre der Erbe besser gestellt als beim regulären Verlustvortrag, der aus inländischen Verlusten resultiert und der ebenfalls nicht auf den Erben übergeht.
Hinweis: Hätte der Vater die Verluste aus einer Vermietung im Inland erlitten, hätte er die Verluste im jeweiligen Veranlagungszeitraum bis 2012 mit anderen positiven Einkünften, z. B. mit seinem Arbeitslohn oder mit einem Gewinn aus Gewerbebetrieb verrechnen können. Insofern sind inländische Verluste steuerlich vorteilhafter als Verluste aus Drittstaaten. Sofern die positiven inländischen Einkünfte aber nicht hoch genug gewesen wären, wäre ein allgemeiner Verlustvortrag für den Erblasser festgestellt worden, der ebenfalls nicht auf den Erben übergegangen wäre. Dass ein Verlustvortrag nicht vererbbar ist, hat der BFH im Jahr 2007 entschieden.
Ausnahmsweise kommt es nur dann zu einer Zurechnung auf den Erben, wenn es sich um eine sog. gespaltene Tatbestandsverwirklichung handelt. Dies ist etwa bei Verlusten aus einer ausländischen Betriebsstätte der Fall, wenn die betrieblichen Einkünfte nach einem Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei sind. Hier kann ein Verlust zwar vorläufig abgezogen werden, muss aber in einem Folgejahr wieder hinzugerechnet werden, wenn ein Gewinn aus der Betriebsstätte entsteht. Stirbt der Unternehmer in der Zeit zwischen der Gewährung des Verlustabzugs und dem Gewinnjahr, wird dem Erben der Verlustabzug durch den Erblasser zugerechnet, so dass er nun den Verlust seinem Einkommen hinzurechnen und versteuern muss.
BFH, Urteil v. 23.10.2019 – I R 23/17; NWB