10.07.2020
Ob Schuldzinsen unbeschränkt als Betriebsausgaben abziehbar sind, hängt u. a. von der Höhe des Gewinns ab. Der Gewinn wird durch eine steuerfreie Investitionszulage erhöht und durch nicht abziehbare Betriebsausgaben gemindert. Die außerbilanzielle Kürzung des Gewinns um die Investitionszulage und die außerbilanzielle Hinzurechnung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben hat für den Schuldzinsenabzug daher keine Bedeutung.
Hintergrund: Betrieblich veranlasste Schuldzinsen sind nur eingeschränkt als Betriebsausgaben absetzbar. Die Abzugsbeschränkung greift, falls der Unternehmer sog. Überentnahmen getätigt hat. Von Überentnahmen spricht man, wenn die Entnahmen höher sind als die Summe von Einlagen und Gewinn. Je höher der Gewinn ist, desto höher ist der mögliche Schuldzinsenabzug.
Sachverhalt: Der Kläger betrieb im Jahr 2007 ein Gewerbe und ermittelte einen Steuerbilanzgewinn in Höhe von 284.361 €. In diesem Gewinn waren nicht abziehbare Betriebsausgaben in Höhe von 1.343 € sowie eine steuerfreie Investitionszulage von 326.075 € enthalten. Daher erklärte der Kläger einen steuerpflichtigen Verlust von 40.371 € (284.361 € ./. 326.075 € + 1.343 €). Bei der Berechnung seines Schuldzinsenabzugs legte der Kläger einen Gewinn von 285.704 € zugrunde, indem er seinen steuerlichen Verlust von 40.371 € um die Investitionszulage von 326.075 € erhöhte. Das Finanzamt ging jedoch von dem Verlust in Höhe von 40.371 € aus, so dass sich höhere Überentnahmen ergaben. Es gelangte so zu nicht abziehbaren Schuldzinsen von rund 24.000 €. Aus Sicht des Klägers ergaben sich nicht abziehbare Schuldzinsen von lediglich ca. 18.000 €.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage weitgehend statt, da von einem Gewinn in Höhe von 284.361 € auszugehen war und nicht von einem Verlust in Höhe von 40.371 €:
- Der Gewinn, der für die Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen zugrunde zu legen ist, ist der Steuerbilanzgewinn, bevor er durch außerbilanzielle Hinzurechnungen oder Kürzungen korrigiert wird. In den Steuerbilanzgewinn gehen sowohl die steuerfreie Investitionszulage als auch nicht abziehbare Betriebsausgaben ein.
- Zwar wirken sich weder die Investitionszulage noch die nicht abziehbaren Betriebsausgaben auf den Gewinn aus, d. h. sie erhöhen ihn nicht und mindern ihn auch nicht. Dies wird aber erst durch eine außerbilanzielle Korrektur des Gewinns erreicht, indem steuerfreie Einnahmen außerbilanziell gekürzt und nicht abziehbare Betriebsausgaben außerbilanziell hinzurechnet werden. Für die Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen sind diese außerbilanziellen Korrekturen aber unerheblich.
- Im Streitfall war daher der Steuerbilanzgewinn in Höhe von 284.361 € zugrunde zu legen. Im Gegensatz zur Handhabung durch das Finanzamt durfte die Investitionszulage hiervon nicht abgezogen werden; entgegen der Auffassung des Klägers durften aber auch die nicht abziehbaren Betriebsausgaben hinzugerechnet werden.
Hinweise: Das Urteil kann sich positiv oder negativ für Unternehmer auswirken. Dies hängt davon ab, ob der Unternehmer steuerfreie Einnahmen erzielt hat – dann ist das Urteil positiv – oder ob er nicht abziehbare Betriebsausgaben getätigt hat – dann ist das Urteil negativ.
Bei der Beschränkung des Schuldzinsenabzugs geht es dem Gesetzgeber um die Verhinderung von Entnahmen, mit denen private Ausgaben finanziert werden, und der daraus resultierende Finanzierungsbedarf des Unternehmens; der Unternehmer könnte dann die Schuldzinsen für diese betrieblichen Kredite absetzen, während er einen Kredit zur Finanzierung seines privaten Lebensstils und die daraus resultierenden Schuldzinsen nicht steuerlich absetzen könnte. Für den BFH kommt es deshalb nicht auf den zu versteuernden Gewinn an, sondern auf den Gewinn, der in der Bilanz in das Kapital eingeht und deshalb dem Unternehmer in Form von Entnahmen zur Verfügung steht. Bei einer steuerfreien Investitionszulage kann der Unternehmer mehr entnehmen, als er ohne Investitionszulage entnehmen könnte. Und bei nicht abziehbaren Betriebsausgaben kann der Unternehmer weniger entnehmen.
BFH, Urteil v. 3.12.2019 – X R 6/18; NWB