Folgen einer fehlerhaft vorgenommenen doppelten Abschreibung bei Vermietungseinkünften

18.08.2020

Anschaffungskosten können insgesamt nur einmal abgeschrieben werden. Nimmt ein Steuerpflichtiger die Abschreibung fehlerhaft doppelt in Anspruch und wird der entsprechende Bescheid bestandskräftig, mindert sich das Abschreibungsvolumen in den Folgejahren. Die Abschreibung kann daher in den Folgejahren nicht noch einmal in Anspruch genommen werden.

Hintergrund: Wirtschaftsgüter, die zum Anlagevermögen gehören und deren Nettobetrag mehr als 800 € beträgt, werden über die Nutzungsdauer abgeschrieben. Bei einer Nutzungsdauer von 10 Jahren ist das Wirtschaftsgut also jährlich mit 10 % abzuschreiben.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GbR, die Immobilien vermietete und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Im Dezember 2008 erwarb sie für eine Immobilie Klimageräte zum Kaufpreis von 42.455 € netto, den sie Anfang 2009 bezahlte. Die Nutzungsdauer der Geräte betrug 10 Jahre. Die GbR machte für 2008 eine zeitanteilige Abschreibung von 354 € und ab 2009 eine jährliche Abschreibung von 4.246 € geltend. Zusätzlich – und zu Unrecht – machte sie im Jahr 2009 den gesamten Nettokaufpreis in Höhe von 42.455 € als Erhaltungsaufwand geltend. Das Finanzamt bemerkte den Fehler zunächst nicht und erkannte für 2009 sowohl die Abschreibung in Höhe von 4.246 € als auch die Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 42.455 € als Werbungskosten an. Für 2010 und 2011 erkannte das Finanzamt die jährliche Abschreibung in Höhe von 4.246 € an. Die Gewinnfeststellungsbescheide für die Klägerin für 2008 bis 2011 wurden bestandskräftig. Als das Finanzamt im Jahr 2017 bemerkte, dass die Klägerin für 2009 zusätzlich den gesamten Betrag als Werbungskosten geltend gemacht hatte, war für die Jahre 2008 bis 2011 bereits Verjährung eingetreten. Das Finanzamt erkannte nun für 2012 die jährliche Abschreibung von 4.246 € nicht mehr an und änderte den Bescheid zuungunsten der Klägerin.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Finanzamt Recht:

  • Anschaffungskosten dürfen in Höhe der Bemessungsgrundlage, d.h. in Höhe der Anschaffungskosten, abgeschrieben werden. Die Abschreibung darf aber nur einmal erfolgen, da auch die Anschaffungskosten nur einmal getätigt worden sind.
  • Wird die Abschreibung zu Unrecht doppelt vorgenommen und ist der Bescheid bestandskräftig, erhöht sich dadurch nicht das Abschreibungspotenzial. Vielmehr mindert die zu Unrecht in Anspruch genommene Abschreibung den Restwert und damit das künftige Abschreibungspotenzial. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Anschaffungskosten insgesamt nur einmal abgeschrieben werden.
  • Im Streitfall hat die Klägerin durch die vollständige Absetzung des Nettokaufpreises in der Steuererklärung 2009 das Abschreibungsvolumen aufgebraucht. Damit waren ab 2010 keine Abschreibungen mehr zulässig. Das Finanzamt konnte zwar die Bescheide für 2010 und 2011 nicht mehr ändern, weil bereits Verjährung eingetreten war, aber es konnte dafür die Abschreibung für 2012 versagen.

Hinweise: Die Entscheidung betrifft Vermietungseinkünfte. Bei einer Bilanzierung gilt aber ebenfalls, dass eine doppelte Abschreibung nicht zulässig ist. Bei der Bilanzierung wird je nach Art des Wirtschaftsguts entweder – bei beweglichen Wirtschaftsgütern – nur der verbleibende Restwert auf die Restnutzungsdauer abgeschrieben, so dass sich eine niedrigere Abschreibung ergibt, oder – bei Gebäuden – der unveränderte Abschreibungssatz auf den Restwert angewendet, so dass sich die Restnutzungsdauer verkürzt.

BFH, Urteil v. 28.4.2020 – IX R 14/19; NWB