Nachträgliche Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung im Einkommensteuerbescheid des GmbH-Gesellschafters

17.07.2020

Ein Einkommensteuerbescheid darf nach Eintritt der Festsetzungsverjährung auch dann noch wegen des erstmaligen Ansatzes einer verdeckten Gewinnausschüttung geändert werden, wenn anschließend der Körperschaftsteuerbescheid der GmbH geändert wird und für den Körperschaftsteuerbescheid noch keine Verjährung eingetreten ist. Der Erlass des Körperschaftsteuerbescheids heilt nachträglich die Rechtswidrigkeit des Einkommensteuerbescheids.

Hintergrund: Erhält ein Gesellschafter einer GmbH von seiner GmbH eine überhöhte Zahlung, führt dies zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, die sich sowohl bei der Körperschaftsteuer der GmbH als auch bei der Einkommensteuer des Gesellschafters auswirkt. Um verfahrensrechtlich einen Gleichklang zwischen Körperschaftsteuer und Einkommensteuer zu ermöglichen, sieht das Gesetz eine Änderungsmöglichkeit vor, falls in einem der beiden Bescheide eine verdeckte Gewinnausschüttung angesetzt wird; wird z.B. im Körperschaftsteuerbescheid der GmbH eine verdeckte Gewinnausschüttung angesetzt, kann das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid des Gesellschafters ändern. Hierfür hat es selbst dann noch ein Jahr Zeit, wenn für die Einkommensteuer an sich bereits Verjährung eingetreten ist.

Sachverhalt: Der Kläger war Alleingesellschafter der E-GmbH. Im Hintergrund der E-GmbH stand der D, der Generalbevollmächtigter des Klägers war und auch das Gründungskapital für die Gründung der E-GmbH bereitgestellt hatte. Im Jahr 2004 kam es infolge des Verkaufs und Rückkaufs einer Yacht zu einem Geldabfluss bei der E-GmbH in Höhe von 330.000 €; das Geld erhielt der D. Der Kläger gab die Einkommensteuererklärung für 2004 im Jahr 2005 ab. Das Finanzamt führte bei der E-GmbH eine Außenprüfung durch und gelangte zum Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der E-GmbH in Höhe von 330.000 €. Den entsprechenden Körperschaftsteuerbescheid für 2004 erließ das Finanzamt am 28.5.2010. Bereits am 17.5.2010 hatte das Finanzamt aber einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2004 gegenüber dem Kläger erlassen und die verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 330.000 € angesetzt. Der Kläger machte insoweit Festsetzungsverjährung geltend.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Die Auszahlung des Betrags von 330.000 € an D führte zu einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der GmbH und beim Kläger. Denn der D war eine dem Kläger in tatsächlicher Hinsicht nahestehende Person. So hatte der Kläger dem D eine Generalvollmacht erteilt, damit D die Gesellschafter- und Geschäftsführungsbefugnisse des Klägers ausüben kann. Der D hatte den Kläger gebeten, die E-GmbH zu gründen, und hatte dem Kläger hierfür das Gründungskapital bereitgestellt. Hierfür hatte der D dem Kläger in Aussicht gestellt, den Lebensunterhalt des Klägers über das laufende Einkommen hinaus aufzubessern. Damit bestand eine Geschäftsbeziehung zwischen dem Kläger und dem D, so dass die Zuwendung an D, für die es keinen betrieblichen Grund gab, dem Kläger als verdeckte Gewinnausschüttung zuzurechnen war.
  • Zwar war für die Einkommensteuer 2004 im Jahr 2010 an sich bereits Festsetzungsverjährung eingetreten. Denn die vierjährige Verjährungsfrist begann mit Ablauf des 31.12.2005, da der Kläger im Jahr 2005 die Einkommensteuererklärung für 2004 abgegeben hatte. Damit trat an sich zum 31.12.2009 die Festsetzungsverjährung ein.
  • Jedoch sieht das Gesetz eine Ablaufhemmung von einem Jahr vor, wenn für die GmbH ein Körperschaftsteuerbescheid ergeht, in dem eine verdeckte Gewinnausschüttung angesetzt wird. Zwar setzt diese Regelung voraus, dass zunächst – oder zumindest gleichzeitig – der Körperschaftsteuerbescheid ergeht und dann innerhalb eines Jahres der geänderte Einkommensteuerbescheid erlassen wird; diese Voraussetzung war im Streitfall nicht erfüllt, weil zunächst der Einkommensteuerbescheid geändert wurde und erst danach der Körperschaftsteuerbescheid geändert worden ist. Der geänderte Einkommensteuerbescheid vom 17.5.2010 war daher wegen Eintritts der Verjährung rechtswidrig.
  • Allerdings ist diese Rechtswidrigkeit durch den Erlass des geänderten Körperschaftsteuerbescheids am 28.5.2010 nachträglich geheilt worden. Denn der geänderte Körperschaftsteuerbescheid vom 28.5.2010 hätte dem Finanzamt ermöglicht, innerhalb eines Jahres den Einkommensteuerbescheid zu ändern.

Hinweis: Der Körperschaftsteuerbescheid vom 28.5.2010 war nicht verjährt, weil bei der E-GmbH eine Außenprüfung durchgeführt worden war, die zu einer Ablaufhemmung bei der Verjährung führte.

Im Streitfall ist der Körperschaftsteuerbescheid vom 28.5.2010 während des Einspruchsverfahrens gegen den Einkommensteuerbescheid vom 17.5.2010 geändert worden. Der BFH ließ offen, ob die nachträgliche Heilung auch dann anzunehmen wäre, wenn der Körperschaftsteuerbescheid nach Abschluss des Einspruchsverfahrens gegen den Einkommensteuerbescheid geändert worden wäre.

BFH, Urteil v. 10.12.2019 – VIII R 2/17; NWB